„Wir wollen nicht die beste Buchhaltung entwickeln, sondern die Buchhaltung nahezu abschaffen“
Eine dornige Zukunft wurde den Unternehmen vorhergesagt, die sich der Digitalisierung verweigerten. Auf dem Cloud-Unternehmertag von Scopevisio wurden stattdessen Integration und Automation gepredigt und demonstriert. 700 Gäste waren dazu erschienen.
Scopevisio ist eine ERP-Software aus der cloud. Sie verbindet ein Beziehungsmanagementsystem (CRM) mit Projektplanung mit Dokumentenmanagementsystem und Finanzbuchhaltung.
Und der Finanzbuchhaltung sagte Haas einen Automationsgrad von 95 Prozent vorher. Den davon betroffenen Steuerberatern schlug er einen Deal vor:
Ich klaue Dir die Buchhaltung und gebe Dir dafür Beratungsleistungen.
Scopevisio als Plattform für die Zusammenarbeit Steuerberater-Mandant. Auf der der Mandant bestimmt, wie tief der Berater ins Unternehmen und die Daten schauen darf.
Die ERP-Software orientiert sich am Bedarf des Unternehmens und bildet alle Prozesse ab – diese Grafik veranschaulicht es ganz gut (mit der Maus rüberfahren, um Details zu sehen). Die FiBu ist ein Segment unter anderen.
Der Clou des Scopeviosio-Angebots liegt nach Herstellersicht weniger in der Grundausstattung dieser Suite, sondern in der Automation und Integration, die sie ermöglicht. Nach dem Prinzip von „scannen, erkennen, verknüpfen“ werden alle Daten verarbeitet, die auf ein Unternehmen einprasseln. Eingebaute Lernfähigkeit soll für ein laufende Verbesserung der Ergebnisse sorgen. Gleichzeitig ist die Suite auf die Anbindung von Experten-Systemen ausgelegt, dank der Schnittstelle „Openscope“ für den Import und Export von Daten.
Keynote-Speaker Karl-Heinz Land
1. „Alles, was digitalisiert und in Datensätze verwandelt werden kann, wird digitalisiert und in Datensätze verwandelt werden!“
2. „Alles, was vernetzt werden kann, wird auch vernetzt werden!“
3. „Alles, was automatisiert werden kann, wird auch automatisiert werden!“
Das sind die Kernaussagen von Karl-Heinz Land (Unternehmensberatung Neuland) und die Konsequenzen schildert er anschaulich und unterhaltsam. Mit seinem Vortrag hat sich Land als Keynote-Speaker etabliert und auch auf dem 39. Steuerberatertag in Dresden referiert. Eine youtube-Suche nach seinen Vorträgen lohnt, eine Kurzversion findet sich hier und erklärt auch, weshalb er sich Digital Darwinist und Evangelist nennt.
In der Pause lief mir StB Marc Müller über den Weg, Vorstand bei ETL und felix1.de (sein Steuerköpfe-Fragebogen). ETL setzt – neben bestehender Software-Infrastruktur in den Kanzleien – auf eigene Apps. Wir sprachen über den Wandel in der Software-Beschaffung:
„In der Vergangenheit haben die StB den Mandanten Software für den Belegaustausch gestellt. Das wird sich ändern“, sagte Müller. „Die Mandanten werden sich am Markt umschauen und die für ihre Bedürfnisse optimale Software auswählen. Da geht es nicht mehr zuerst um Belegaustausch, sondern um eine integrierte Software, die dem Unternehmer echte Mehrwerte liefert.“
Vor die Bequemlichkeit einer automatisierten Buchhaltung steht deren Einrichtung: „Wenn dem Mandanten die ersten Schritte gut erklärt werden, werden die Automatisierungseffekte sehr schnell spürbar. Das sehen wir auch bei felix1.de, wo wir den Mandanten unsere cloudbasierte ERP-Software PISA Finanzen zur Verfügung stellen“, sagt Müller. „Das bedeutet für unsere Branche: durch die Digitalisierung und durch die Automatisierung wird der Buchhaltungs-Umsatz in Zukunft kleiner.“
Vor dem Publikum aus Unternehmern sprach Robert Mayr über die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater, den er als Wegbegleiter in die Digitalisierung beschrieb. Im Anschluss an seinen Vortrag konnte ich kurz mit dem Datev-Vorstandsvorsitzenden sprechen. „Die Öffnung unserer Systeme für andere Anbieter war ein Paradigmenwechsel für Datev“, sagte er. Fast ein Jahr nach Einführung der Datev Connect online Schnittstelle greift eine dreistellige Zahl von Unternehmen darauf zu. „Diese Zahl liegt deutlich über unseren Prognosen und wir sind mit dieser Nachfrage sehr zufrieden.“
Die Schnittstelle ist derzeit eine Einbahnstraße Richtung Datev. Viele Softwareanbieter sehnen sich aber nach einer weiteren Fahrbahn auch in die andere Richtung. Entsprechende Planspiele gibt es auch in Nürnberg. „Kernpunkt bei den dahingehenden Überlegungen ist aber eine sinnvolle Integration des steuerlichen Beraters“, sagt Mayr. „Insofern handelt es sich nicht nur um die Frage der technischen Umsetzung, sondern auch um eine fachliche Fragestellung, was unsere Mitglieder wollen und was ihnen nutzt. Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.“ Sein vollständiges Interview können Sie hier nachlesen.
Wolkenloser Himmel über dem Cloud-Unternehmertag
Jörg Haas gab Einblick in die laufende Entwicklungsarbeit an „Scoper“ – einem Berichtsystem für die ERP-Suite. Scoper soll per Sprache und per Text ansprechbar sein und auch mittels natürlicher Sprache antworten, hörbar oder lesbar – je nach Wunsch. Die Integration in Slack sei abgeschlossen, weitere Messenger-Systeme stünden auf der to-do-Liste. (Chatbots sind in der Buchhaltung noch relativ jung, ich habe mal darüber geschrieben). Scoper soll nach Haas Vorstellungen eine Art Amazon Alexa für Firmen sein, jederzeit ansprechbar und immer mit den aktuellen Unternehmensinformationen gefüttert. Ein Prototyp soll auf der Cebit vorgestellt werden.
Nach fünf Jahren Entwicklung sah die ERP-Cloudanwendung von Scopevisio 2012 das Licht des Markts. 2014 nutzten bereits 1000 Kunden die Software, heute sind es etwa 2000. 2016 gehörte Scopevisio neben Lexoffice und Exact zu den Premierenpartnern der Datev-Connect-online-Schnittstelle.
Laut Datev-Angaben nutzt derzeit eine „mittlere dreistellige Anzahl“ diese Schnittstelle mit einem der drei Partner-Programme. Insgesamt seien 100.000 Belege übermittelt worden.
Der Bonner Generalanzeiger berichtet über den Cloud-Unternehmertag.
Scopevisio hat eine Info-Seite für Steuerberater.
Eine Video-Aufzeichnung vom Unternehmertag von Bonn.digital.
Tweets zum 5. Cloud-Unternehmertag.
Antworten von Dr. Robert Mayr zur Entwicklung von Datev-Connect online.