Die Insolvenz in Eigenverwaltung ist ein drei Jahre junges Sanierungsinstrument. Die Kanzlei Buchalik Brömmelkamp hat sich darauf spezialisiert. RA Robert Buchalik gibt sein Wissen dazu in Büchern und Seminaren weiter – und im Interview mit steuerkoepfe.de.
Welche Rolle spielen Steuerberater bei den ESUG-Verfahren?
Steuerberater sehen es als Erste, wenn ein Unternehmen in die Krise schliddert. Sie sehen es vor der Bank und anderen Geschäftspartnern. Etwa ein Fünftel unserer Fälle wird durch Steuerberater an uns herangetragen. Deshalb sind Steuerberater für uns immens wichtig. Gleichzeitig empfinden viele Steuerberater die Anforderungen des Verfahrens als „zu groß“ und suchen daher unsere Unterstützung. Mit dem ESUG-Verfahren können wir dann für alle Beteiligten das Beste erreichen: Der Steuerberater behält seinen Mandanten, der Mandant sein Unternehmen, die Lieferanten ihren Absatzkanal und die Gläubiger erhalten eine langfristige, positive Perspektive. Denn mit einem Insolvenzplanverfahren wird durch die meist erheblichen Gläubigerverzichte das Eigenkapital massiv gestärkt, so dass Eigenkapitalquoten von 50 Prozent und mehr am Ende des Verfahrens keine Seltenheit sind. Bedingt durch Insolvenzgeld, Nichtabführung von Umsatzsteuer und Sozialabgaben sowie durch Nichtbedienung von ungesicherten Altverbindlichkeiten wird die Liquidität stark entlastet, denn bei den Zuflüssen aus Umsätzen bleibt es ja. Die Cash-Situation im Unternehmen entwickelt sich deshalb in kurzer Zeit extrem positiv.
Welche konkreten Aufgaben kommen dem Steuerberater im ESUG-Verfahren zu?
Im Laufe eines ESUG-Verfahrens fallen drei Bilanzen statt einer an: Der normale Jahresabschluss, der Abschluss bei Eröffnung des Verfahrens und der Abschluss bei Beendigung des Verfahrens. Das sind drei garantierte Aufträge. Zudem sehen wir den Steuerberater des Sanierungsfalls gern im Gläubigerausschuss, seine Erfahrungen und Kenntnisse des Unternehmens sind unverzichtbar. Eine geringe Forderung von etwa 500 Euro gegenüber dem Mandanten reicht da als Zugangsvoraussetzung aus. Entsprechende Erfahrung vorausgesetzt kann er auch noch zusätzlich die Kassenprüfung oder Insolvenzbuchhaltung übernehmen. Das bietet ihm zudem die Möglichkeit sich mit diesen Aufgaben für künftige Fälle beim zuständigen Insolvenzgericht zu empfehlen. Schließlich kann er begleitend durch uns oder auch alleine die notwendigen verbindlichen Auskünfte bei der Gemeinde und beim Finanzamt zur Vermeidung der Steuerbarkeit von Sanierungsgewinnen einholen.
Und wo übersteigt das ESUG-Verfahren die Kompetenz eines typischen Steuerberaters?
Einzelne steuerliche Themen, wie das Thema Einholung einer verbindlichen Auskunft zur Vermeidung der Besteuerung des Sanierungsgewinns sind möglicherweise neu für den Steuerberater. Er kann das aber sehr schnell (z.B. von uns) lernen und ist damit für künftige Mandate gewappnet. Auch wenn er bisher die Liquiditätsplanung für das Unternehmen gemacht hat wird er im Regelfall für das Eigenverwaltungsverfahren überfordert sein. Es gibt viele insolvenzspezifische Besonderheiten, die es bei der Planung zu berücksichtigen gilt (Umsatzsteuer, Sozialabgaben, Insolvenzgeld, Behandlung von Absonderungsrechten etc. (mit Auswirkung auf die Liquidität), die er so nicht kennen kann. Das muss deshalb von einem Experten gemacht werden. Aber es bleibt ja, wie oben beschrieben, genug übrig und vor allem bleibt er dauerhaft im Mandat und verliert nicht, wie meist in der Regelinsolvenz, seinen Mandanten.
Fachlich ist es oft die Versteuerung des Sanierungsgewinns, die für einen Sanierungserfolg unbedingt vermieden werden sollte. Absonderungssrechte können auch kompliziert sein. Und es gibt 30 bis 40 Bilanzpositionen mit Auswirkungen auf die Liquididtät, die der „normale“ Berater nicht so gut kennt wie Spezialisten in diesem Feld.
Hat sich die Planinsolvenz in Eigenverwaltung als Sanierungsinstrument durchgesetzt?
Eine Planinsolvenz in Eigenverwaltung war immer meine Vision, mein Ziel immer Sanierung statt oder durch Insolvenz. Jetzt haben wir das Instrument dazu und die Fallzahlen steigen. Das ist erfreulich, aber noch verbesserungswürdig. Von 1000 Insolvenzen wären unserer Schätzung nach etwa 40 Prozent für die Eigenverwaltung geeignet. Und es gibt große regionale Unterschiede. In Süddeutschland ist es nach unseren Erkenntnissen den Beratern bisher nicht gelungen, das Verfahren in den Markt zu bringen. In Ostdeutschland haben wir schon mehrfach Schwierigkeiten erlebt, Gerichte von den Vorzügen zu überzeugen. Die Mandanten kennen das Verfahren noch nicht, daher muss es bekannter gemacht und die Nachfrage angeschoben werden. Meine Kollegen und ich sprechen zum Beispiel bei Banken, Steuerberaterverbänden und IHK über das Thema. Von der Qualifikation her sind spezialisierte Kanzleien wie unsere und Insolvenzverwalter geeignet, dieses Verfahren zu betreiben. Insolvenzverwalter könnten ein Glaubwürdigkeitsproblem haben, weil der Anreiz ein Regelverfahren durchzuführen aufgrund der wesentlich höheren Vergütung, deutlich höher ist.
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