Zum Inhalt springen
Varoufakis Abschied vom Minsteramt am Twitter

Yanis’ Exit – Debatten und Links des Tages

Varoufakis tritt ab. Die Debatte um die Austeritäts-Politik geht weiter – auch Austeritäts-Gegner sehen einen Grexit als kleineres Übel.

Erstaunlich fand ich an Varoufakis Rücktritts-Blogpost diese Einschätzung: „Es ist essentiell, dass das große Pfund, das unserer Regierung durch die großartige NEIN-Abstimmung beschert wurde, in ein JA für eine vernünftige Lösung investiert wird.“ (It is, therefore, essential that the great capital bestowed upon our government by the splendid NO vote be invested immediately into a YES to a proper resolution …).

Dass es weitere Verhandlungen geben wird, ist klar, aber dass das Nein irgendwie in eine zukünftige Verhandlungslösung einzahlt – das sehe ich nicht.

Der Ökonom Lars Feld sagte dazu der Tagesschau: „Die Verhandlungen werden auf jeden Fall schwieriger. Das „Nein“ bedeutet für den Rest der Euro-Zone: Griechenland, und zwar Regierung wie Bevölkerung, will die Auflagen für die Kredite nicht einhalten.“

Globale Perspektive

Im Hinblick auf einen möglichen, weiteren Schuldenschnitt Griechenlands bringt Feld noch die geopolitische Perspektive ins Spiel: Tsipras möchte demnach den IWF aus den Verhandlungen raus haben. „Davon kann ich nur abraten. Denn nur über den IWF sind China und die USA mit im Boot, die aus finanziellen bzw. geostrategischen Gründen daran interessiert sind, Griechenland zu stabilisieren. Außerdem würde im Falle einer rein europäischen Regelung über den ESM der Druck auf Deutschland und auf Finanzminister Schäuble erheblich zunehmen. Das kann nicht in unserem Sinne sein“, sagte Feld.

Austerität

In der aktuellen Debatte bekommt die derzeit angesagte Sparpolitik (Austerität) publizistisch ordentlich auf die Mütze:

EU-Technokraten sind wie mittelalterliche Ärzte, die einen Kranken zur Ader lassen und dann, wenn der Patient weiter geschwächter ist, erneute Aderlasse fordern. Das schreibt Paul Krugman in der NYT. Seine drastische Bildsprache setzt sich fort (bullying, terrify, threatening, pushing out of office) und erinnert mich an die kritisierte Wortwahl griechischer Politiker.

Doch dann, huch: Einen Grexit hält Krugmann für die beste unter lauter schlechten Optionen. Diese Argumentation verstehe ich nicht ganz. Wenn die Austerität – die den Grexit herausfordert – falsch ist, wie kann dann der Grexit richtig sein?

Doch Krugmann sieht im Grexit die eine Chance. Er fragt: Kann ein Grexit so erfolgreich verlaufen, wie Islands Abwertung 2008? Und antwortet: „Vielleicht nicht – aber bedenken Sie die Alternativen.“ Island – Griechenland, da werden Dorsche mit Oliven verglichen.

Interessant, was Krugman zur Bankenschließung schreibt: „The central bank now faces an awkward choice: if it resumes normal financing it will as much as admit that the previous freeze was political, but if it doesn’t it will effectively force Greece into introducing a new currency.“

Krugmanns letzter Absatz beginnt versöhnlich: „And let’s be clear: if Greece ends up leaving the euro, it won’t mean that the Greeks are bad Europeans. Greece’s debt problem reflected irresponsible lending as well as irresponsible borrowing (hört, hört!), and in any case the Greeks have paid for their government’s sins many times over. If they can’t make a go of Europe’s common currency, it’s because that common currency offers no respite (Aufschub, Verschnaufpause) for countries in trouble.“ In meinen Ohren klingt der letzte Satz wie eine Anklage an das Europa der Austerität. Sinngemäß: Ihr bekommt Euer Problem nicht in den Griff, weil ihr mit den falschen Medikamenten herumdoktert.

In diese Kerbe haut auch der (übrigens ganz hervorragende) Schweizer Journalist Constantin Seibt. Er lässt an der Austeritäts-Politik kein gutes Haar. „Es ist eine Idee, die keine Theorie im Rücken hat, keine nachweisbaren Erfolge zeigt, dafür aber direkt zur grössten politischen Katastrophe des letzten Jahrhunderts führte.“ Das aktuelle Dilemma der europäischen Politiker: „Keiner der drei Hebel für Wirtschaftspolitik war für einen Eurostaat noch einsetzbar. Nicht die Abwertung der Währung. Nicht die Festlegung der Zinsen. Und wegen der Schuldenbremse auch nicht das Ankurbeln der eigenen Wirtschaft durch Geld.“

Doch das waren die drei Mittel, die Island zur Verfügung standen – Dorsche und Oliven. Oder wie Wolfgang Bosbach grundsätzlich zu Griechenland sagt: „Es fehlt an Wirtschaftskraft, an Wettbewerbsfähigkeit, an einer wirklich effizienten Verwaltung.“

Für Hans-Werner Sinn ist klar: Griechenland im Euro zu halten bedeute, weiteres Geld zu versenken. Er sieht mit der Drachme die griechische Wirtschaft in ein, zwei Jahren wieder im Aufwind.

Sollte frisches Geld ausbleiben, zeichnet sich für die Zwischenzeit eine humanitären Krise in Griechenland ab.

Die Links des Tages zu Griechenland