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Jeder mit jedem

Der BGH hält das Sozietätsverbot der Anwälte für verfassungswidrig. Die Entscheidung ist auch für das Berufsrecht der Steuerberater relevant, sagt die BStBK. Und Steuerberater Alexander Ficht spricht im Interview darüber, ob ein möglicher Wegfall des Sozietätsverbots zu begrüßen ist und wo beim Thema Kooperationen der Schuh wirklich drückt.

Der Fall

In der BGH-Entscheidung (Az.: II ZB 7/11) ging es um einen Anwalt, der mit einer Ärztin/Apothekerin eine „interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers“ in Form einer Sozietät gründen wollte. (Bericht in der FAZ). Das Verbot dieses Vorhabens sieht der BGH als unvereinbar mit der Vereinigungsfreiheit und dem Gleichheitsgrundsatz. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Auswirkungen auf das Berufsrecht der StB

„Die Entscheidung ist auch für das Steuerberatungsgesetz von Bedeutung“, sagt RAin Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin der BStBK. Aber mit einer baldigen Änderung des StBerG sei nicht zu rechnen. Zwar gelten die rechtlichen Überlegungen des BGH auch für das Berufsrecht der Steuerberater, aber eins zu eins übertragbar seien sie nicht. „Gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestünde daher erst dann, wenn das Bundesverfassungsgericht die Vorschrift für verfassungswidrig erklären würde.“ (vollständige Auskunft hier – pdf)

Interview mit StB Alexander Ficht

StB Alexander Ficht (Foto: privat)
StB Alexander Ficht (Foto: privat)

Alexander Ficht, Steuerberater aus dem hessischen Dreeich, beschäftigt sich schon lange mit Frage, wie Steuerberater mit anderen Berufen kooperieren können, ohne mit dem Berufsrecht in Konflikt zu kommen. Seine Lösung ist das so genannte Fachberaterzentrum. Der Wegfall des Sozietätsverbots müsste da vollständig auf seiner Linie liegen, oder?

Herr Ficht, wie beurteilen Sie die Entscheidung des BGH?

Für unser Konzept ist das Urteil nicht entscheidend. Denn es geht ja um eine auf Dauer angelegte Kooperation in Form einer Sozietät zwischen einem Anwalt und einer Ärztin. Anwälte müssen aus wirtschaftlichen Gründen schneller auf die Anforderungen des Marktes reagieren und auch solche Formen anbieten. Steuerberater können hingegen auch mal sagen: Das machen wir nicht mit.

Jetzt scheint die Aufweichung des Sozietätsverbots näher zu rücken. Ist das die Lösung, die Sie brauchen?

Nein, denn ob man als Steuerberater mit dieser Form einer festen Kooperation gut aufgestellt ist, wage ich zu bezweifeln. Ich halte eine Sozietät nicht für erforderlich und strebe sie insbesondere aus Gründen der Sicherung und Wahrung der Verschwiegenheitspflicht und des Zeugnisverweigerungsrechts auch nicht an. Ich will das Sozietätsverbot nicht kippen und bin dankbar für unser Berufsrecht, denn es ist die Basis für das Vertrauen unserer Mandanten.

Das heißt, beim Thema Kooperation mit anderen Berufen steht für Steuerberater bereits alles zum Besten?

Die lange erlaubte und praktizierte Zusammenarbeit von Steuerberatern mit Juristen oder Wirtschaftsprüfern ist für die berufliche Praxis thematisch zu eng. Die Mandanten erwarten, dass wir ihnen auch gewerbliche Berater aus allen möglichen Fachgebieten empfehlen. Und wenn ein A-Mandant seinen Berater um eine Empfehlung bittet, dann bekommt er sie in der Regel auch. Der Berater hat in diesem Fall eine rote Ampel missachtet, aber der Mandant sitzt da einfach am längeren Hebel und hat für berufsrechtliche Bedenken wenig Verständnis.

Worum geht es Ihnen dann?

Mir – beziehungsweise uns (dem Bund der Fachberater in Steuern, Recht und Wirtschaft e.V. und dem Deutscher Verband vermögensberatender Steuerberater e.V.) – geht es primär darum, dass wir eine berufsrechtlich sauber geregelte Zusammenarbeit mit anderen Freiberufler insbesondere aber mit anderen gewerblichen Fachberatern benötigen, wie z.B. Unternehmensberatern, ITler, Versicherungsberater, Banken und anderen Finanzdienstleistern. Das BGH-Urteil nimmt dazu keine Stellung – es war ja auch nicht die Fragestellung –, aber wir brauchen dafür eine Lösung.

Warum ist das Thema so wichtig?

Die Zusammenarbeit mit gewerblichen Beratern ist das Thema, das den Berufsstand zukünftig beschäftigen wird. Ingo Rollwagen, Analyst der Deutschen Bank, nennt diese Form der Zusammenarbeit Projektwirtschaft und definiert sie als „kooperative Wertschöpfung in organisatorisch und rechtlich eigenständigen, temporären Projekten“. (Wirtschaft und Gesellschaft 2020 Projektwirtschaft – Wertschöpfung durch neue Geschäftskulturen – pdf)

Alexander Ficht auf dem nwb-Steuerberater-Forum, Düsseldorf Sept. 2012
Alexander Ficht auf dem nwb-Steuerberater-Forum, Düsseldorf Sept. 2012

Große Beratungsunternehmen holen sich verschiedene Kompetenzen einfach ins Haus. Wir als mittelständische Berater – übrigens die überwiegende Mehrheit in der Beratungslandschaft – müssen uns zu diesem Thema auch positionieren. Mit dem Fachberaterzentrum haben wir das getan. Unser Konzept ist seit gut eineinhalb Jahren öffentlich und es gibt – nach einigem Hin und Her – keine Bedenken der Kammer.

Was wir mit unserem Fachberaterzentrum verfolgen, ist eine fallweise Zusammenarbeit unterschiedlicher – auch gewerblicher – Berater in einem Team, das für jeden Anlass neu zusammengestellt wird. Im Grunde wie im Baubereich: Arbeitsgemeinschaft für den Bau der Autobahn A3 – so etwas brauchen wir auch für die Betreuung unserer Mandanten.

Nachdem wir das Wie? der Zusammenarbeit geklärt haben, geht es jetzt um das mit wem? Denn wenn wir mit externen Beratern zusammenarbeiten wollen, muss deren Qualität stimmen. Daher haben wir am 11. November in unserem Fachberaterzentrum eine öffentliche Tagung mit Vertretern verschiedener Verbände und werden darüber sprechen, welche jeweiligen Qualitätsanforderungen diese für ihre Mitglieder definieren.

Die Kammer sagt in ihrer Auskunft, es bestehe bei dem Steuerberatern kein Bedarf an einer Zusammenarbeit wie in der Entscheidung des BGH beschrieben. Sehen Sie das auch so?

In Form einer Sozietät vielleicht nicht. Aber der Bedarf nach einer Zusammenarbeit mit anderen ist riesig. Schauen Sie doch mal auf die Internetseiten diverser Kanzleien. „Wir kooperieren mit …“, steht da. Und manchmal werden beispielsweise Vermögens- oder Unternehmensberater namentlich genannt. Der Markt fordert diese Angebote. Aber Steuerberater stehen damit auf ganz dünnen Eis. Mit diesen Aussagen dokumentieren Berater, dass ihre Unabhängigkeit in Frage steht. Und wenn eine Empfehlung mal nach hinten los geht, erinnern sich alle gern an den gut versicherten Steuerberater. Nur: Seinen Versicherungsschutz hat der Berater durch den berufsrechtlichen Verstoß verwirkt. Daher ist die Lösung, die wir anstreben, so wichtig.

Die Bundessteuerberaterkammer zögert bei dieser Frage, weil sie keine Lösung dafür hat. Aber es gibt Hinweise: Unser Bundeskammer-Präsident Dr. Horst Vinken hat im Zusammenhang mit den Thesen zur Zukunft des Berufs „Steuerberatung 2020“ (Zusammenfassung und vollständiges pdf hier) sinngemäß gesagt: Steuerberater müssen sich auf neue Arten der Zusammenarbeit auch mit anderen Berufen einstellen. Das kann man – wenn man ein bisschen mit dem Berufsrecht vertraut ist – nur so deuten, dass damit gewerbliche Berater gemeint sind, denn mit den anderen Berufen sind diese Fragen schon lange geregelt.

[blue_box] Über Alexander Ficht

Dipl.-Kfm. Alexander Ficht
Steuerberater, Rentenberater

Alexander Ficht ist u.a. im DVVS, dem Deutschen Verband vermögensberatender Steuerberater engagiert.

Mit dem Fachberaterzentrum Rhein-Main (FBZ) und dem Bund der Fachberater in Steuern, Recht und Wirtschaft e.V. (Imagebroschüre pdf) will er interdisziplinäre Zusammenarbeit erleichtern und so den Beratungsanforderungen der Mandanten besser gerecht werden. Hier finden Sie die Veranstaltungen des FBZ.

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